Drehmoment Bundeshaus: CO2-Gesetz macht Nägel mit Köpfen – auch bei der Elektromobilität

Das Gesetz steht kurz vor der Volksabstimmung und würde zu einem Richtungswechsel in diversen Branchen führen. Die Gegner stammen also nicht nur aus politischen Kreisen.

Nachdem das Bundesparlament drei Jahre am neuen CO2-Gesetz herumgeschraubt hat, steht nun im Juni mit der Volksabstimmung die Nagelprobe bevor. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen. Das ist keine Überraschung, haben sich die Gegner doch bereits in der Kommissionsberatung positioniert. Kritik kam vor allem aus dem rechten Lager. Doch auch die Ultralinken melden Bedenken an und brüskieren sich daran, dass diese Gesetzesrevision zu wenig weit geht. Aus meiner Sicht eine politische Fehleinschätzung. Damit man eine Abstimmung gewinnen kann, ist mindestens die Hälfte der Stimmbevölkerung vom Vorhaben zu überzeugen. Das gelingt nur, wenn Vorlagen pragmatisch und ohne Extremforderungen daherkommen. Genau dies darf das neue CO2-Gesetz für sich in Anspruch nehmen.

Doch wer sind neben den ständigen Neinsagern die anderen Gegner? Es sind diejenigen, die mit einem schärferen Emissionsgrenzwert ihr Businessmodell verlieren. Angefangen von der Erdöl-Lobby bis hin zu den Kaminfegern. Doch auch die Vereinigung der Autoimporteure und der Autogewerbeverband reihen sich bei den Gegnern ein. Sie belächeln fossilfreie Antriebsformen, vergessen dabei aber, dass ein grosser Teil der Treibhausgasemissionen der Schweiz vom Verkehr kommt. Da frage ich mich, ob diese Kreise in der Zukunft angekommen sind. Denn die Hersteller sind schon längst umgeschwenkt. So kommuniziert zum Beispiel Volkswagen als grösster Automobilhersteller: «Um die Umwelt zu schützen und die politischen Vorgaben umzusetzen, richten wir uns konsequent auf Elektromobilität aus.» Also fertig mit Ölwechsel und Zahnriemenersatz. Im Vordergrund werden neu Isolationsmessung und Softwareupdate stehen. Die Automobilbranche wird umgepflügt.

In einem Vorstoss (20.4640) bat ich den Bundesrat aufzuzeigen, welche gesetzlichen Grundlagen nötig sind, um den Betrieb von vollständig fossilfreiem Verkehr bis spätestens 2050 zu ermöglichen. Vor allem sollen mögliche Hindernisse identifiziert werden, welche diese Zielerreichung gefährden. Der Bundesrat will diesen Vorstoss übernehmen und wo notwendig die gesetzlichen Grundlagen an die Herausforderungen anpassen.

Und wie sieht es in der Praxis aus? Ich selber bin seit 6 Jahren mit einem rein elektrischen Fahrzeug unterwegs. Diese Art von Mobilität begeistert und definiert Autofahren neu. Trotzdem muss ich ernüchtert feststellen, dass gerade die Elektrobranche nicht erkannt hat, welche Chancen daraus entstehen. Insbesondere im Bereich der Ladeinfrastrukturen kommt ein grosses Auftragsvolumen auf die Elektrounternehmen zu. Neben den öffentlichen Ladestationen und der einfachen Wallbox beim privaten Parkplatz wird es in Einstellhallen von Mehrfamilienhäusern und Gewerbebauten intelligente Ladesysteme brauchen. All diese Infrastrukturen sind noch zu bauen. Dem hat auch Bundesbern Rechnung getragen und will aus dem Klimafonds Beiträge an Ladestationen und Infrastrukturen sprechen. Exakt die richtige Richtung. Das CO2-Gesetz verdient die Zustimmung aus den Kreisen der Elektriker. Es regelt, wie die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollen, und fordert rechtzeitig Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele. Es ist Zeit, umzudenken und Nägel mit Köpfen zu machen.

«Im Vordergrund werden neu Isolationsmessung und Softwareupdate stehen.»

Matthias Samuel Jauslin ist seit 2015 Mitglied des Nationalrats, Mitglied der Kommission Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist.