Fürchtet sich auch das neue Parlament vor mehr Transparenz?

Nun geht der Run auf die permanenten Zutrittsberechtigungen ins Parlamentsgebäude wieder los. Kurz vor dem Start in die neue Amtsperiode klopfen die zahlreichen Organisationen bei den Gewählten an und bitten darum, ein Badge für den freien Zugang in die heilige Wandelhalle zu ergattern. Zwei solche Berechtigungen kann jedes Mitglied des Bundesparlamentes frei vergeben. Welche Gegenleistung es dafür erhält, bleibt verborgen.

Unabhängig davon, ob wir das befürworten oder nicht – Lobbying ist in unserem Milizsystem fester Bestandteil der politischen Arbeit. Allerdings ist die bestehende Situation hinsichtlich der Transparenz unbefriedigend. Diejenigen, die Lobbying betreiben, tun dies nämlich oft im Verborgenen. Sie sind nicht offiziell als solche aufgelistet und ihre Zutrittsberechtigung zum Parlament erbetteln sie direkt bei den Ratsmitgliedern. Etliche Vorstösse, die endlich eine Regelung für transparentes Lobbying fordern, wurden bis anhin bachab geschickt. Aktuell behandelt der Nationalrat eine Initiative mit vier Forderungen: Lobbyisten, die Zutritt zum Parlamentsgebäude wünschen, müssen sich akkreditieren lassen; es wird ein öffentlich einsehbares Register geführt; die Lobbyisten sind verpflichtet anzugeben, für wen sie arbeiten und Verstösse gegen diese Regelungen werden sanktioniert.

Diese Offenheit befürwortet sogar die SPAG, der Dachverband der professionellen Lobbyisten. Ähnlich wie für die Medienvertreter im Bundeshaus will man eine separate Akkreditierungsstelle schaffen. Es wären also nicht mehr die einzelnen Ratsmitglieder, die solche Zutritte verteilen, sondern eine zentrale Stelle, die für alle die gleichen Rahmenbedingungen festlegt. Raus aus dem Dunstkreis und weg von der Abhängigkeit einzelner Bundesparlamentarier. Dieser radikale Systemwechsel stösst der Mehrheit des Nationalrates sauer auf. Man ist nicht bereit, das Privileg, zwei Personen den direkten Zugang ins Parlamentsgebäude zu «schenken», aus der Hand zu geben.

Auch eine abgeschwächte Version des Ständerates, die einzig verlangt, dass in einem Verzeichnis anzugeben ist, wer im Hintergrund die Auftraggeber dieser «Gäste» sind, bleibt bis anhin chancenlos. Der Nationalrat wehrt sich vehement und will eine solche Schwachstromlösung nicht einmal diskutieren. Mit allen möglichen Ausreden windet man sich und verweigert, offen aufzuzeigen, wer hinter der Fassade steckt. Aus meiner Sicht bedenklich und der heutigen Zeit nicht angepasst. Es handelt sich immerhin um Informationen, die auch für die Öffentlichkeit nicht ganz unbedeutend sind. Das neue Parlament hat in der ersten Session nun die Möglichkeit, über den eigenen Schatten zu springen und in dieser Frage mehr Transparenz zu schaffen.

Zur Person
Matthias Samuel Jauslin, 57, Wohlen AG, ist durch und durch Milizpolitiker. Auch als Nationalrat ist er noch täglich für seinen Elektroinstallationsbetrieb auf Achse. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist, und beschäftigt über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2015 ist Matthias Samuel Jauslin Mitglied des Nationalrates sowie der Staatspolitischen Kommission und stellt sich auch im Oktober 2019 zur Wiederwahl für den Kanton Aargau.