Folge 3: Es sind tolle Arbeitsplätze dort oben

Das komplexe System der Kraftwerke Linth-Limmern AG aus Wasserstollen, Stausee, Röhren, Turbinen und Maschinen benötigt eine enge Überwachung und Kontrolle. Diese Tätigkeiten erledigen zahlreiche Mitarbeiter aus der Elektrobranche. Sie pendeln zwischen riesigen Felskavernen und einem umwerfenden Alpenpanorama.

Die Arbeit der Elektrotechniker der Kraftwerke Linth-Limmern AG ist speziell. Und zwar nicht nur, wenn es um Montageeinsätze bei Wind und Wetter geht, sondern auch, wenn es um die Vielfalt, um die Besonderheit von Naturerlebnissen geht. Ressortleiter Martin Steiner erklärt, was er meint: «Um die Vorgaben zur Restwassermenge zu erfüllen, müssen wir bei den vielen Zuflüssen für die Kraftwerke Linth-Limmern bereits im Quellgebiet das Wasser trennen, nämlich in jenen Teil, der dem natürlichen Wasserlauf folgt, und jenen, den wir für die Stromproduktion nutzen. Dafür fliesst das Wasser zuerst durch ein Sieb, das den Schotter zurückhält, dann fliesst es durch jenen Bereich, wo es gemessen und geteilt wird. Dieser Bereich ist mit Sensoren ausgestattet, die wir installiert haben. Diese Arbeiten machen wir im Hochgebirge, beispielsweise über dem Klausenpass. Natürlich sehen wir dabei nicht nur Messinstrumente, sondern auch Alpenrosen und Murmeltiere. Es sind tolle Arbeitsplätze dort oben.» 22 Wasserfassungen speisen den 136 Hektar grossen Limmernsee und den 42 Hektar grossen Muttsee. Bei grossem Energiebedarf wird Wasser vom Muttsee in den Limmernsee abgelassen und dabei turbiniert. Bei Stromüberschuss fliesst es in die umgekehrte Richtung, wird also wieder in den 650 Meter höher gelegenen Muttsee gepumpt. Das Wasser wird über ein Stollensystem zugeführt. Natürlich ist darunter auch Gletscherwasser, das irgendwann in den Sommermonaten nicht mehr fliessen wird. Der Klimawandel und seine Folgen, etwa das Abschmelzen der Gletscher, sind auch beim Kraftwerk ein Thema. Die Anlagen sind ein wichtiges Puzzleteil, das zur Realisierung der Energiewende beitragen soll.

Arbeiten, wo Touristen fotografieren
Martin Steiner leitet ein Team von 17 Mitarbeitern. Viele davon sind gelernte Elektroinstallateure, haben sich aber in die eine oder andere Richtung weiterentwickelt. Die Kraftwerke Linth-Limmern existieren schon seit über 60 Jahren, aber 2017 begann für das Unternehmen eine neue Zeitrechnung. Dann wurden die letzten Arbeiten für die Erweiterung des Pumpspeicherwerkes Limmern abgeschlossen. Es weist nun eine Pump- und Turbinenleistung von je 1000 Megawatt auf, was zu einer Leistungssteigerung von 520 auf heute 1520 MW führte. Leistungsmässig übertrifft das Pumpspeicherwerk somit sogar das Kernkraftwerk Leibstadt – mit dem kleinen Unterschied, dass Limmern nicht ständig Strom liefert. Martin Steiner und viele seiner Mitarbeiter waren schon bei den Bauarbeiten dabei, die 2011 begannen. Sie legten beim Einbau der Maschinen und Turbinen genauso Hand an wie bei zahlreichen Sprengungen, die für den Bau nötig waren und wo sie die elektrotechnischen Arbeiten verrichten. Das Team kennt das Stollensystem, die Seilbahn, für deren Instandhaltung es auch verantwortlich ist, die Maschinen, Anlagen, Turbinen, Kommunikationssysteme, Stromleitungen und alle anderen Arbeitsbereiche, die mit Elektronik zu tun haben. «Die Arbeit für uns ist enorm vielseitig und spannend», erklärt Martin Steiner. Er sagt aber auch: «Die erste Priorität hat die Personen- und Anlagesicherheit.» Das Kraftwerk ist zu 85 Prozent eine Tochter der Axpo, die anderen 15 Prozent gehören dem Kanton Glarus. Mit der Inbetriebnahme des Pumpspeicherwerks sind die Kraftwerke Linth-Limmern Teil eines wichtigen Versorgungssystems von europäischer Bedeutung geworden. Dies erklärt auch die Investitionskosten von zwei Milliarden Franken. Nackte Zahlensind die eine Seite. Die andere Seite erlebt Steiner an Sonnentagen. «Unzählige Wanderer kommen hoch. Sie sind fasziniert vom Wasser der Stauseen und ihren wechselnden Farben. Fotos unseres Arbeitsplatzes wandern via Social Media quasi um die ganze Welt», sagt Steiner nicht ohne Stolz. Wer hat schon einen Arbeitsort, der Touristen in Entzücken versetzt? Natürlich gibt es hier oben auch andere Wettersituationen, nämlich dann, wenn sich keine Touristen mehr blicken lassen.

Fast ein wenig Ferienstimmung: Monteure unterwegs zum Stollenportal auf dem Limmernsee.
Bild: zVg.

Von der Umwelt abgeschnitten
Die Steuerungszentrale für das Pumpspeicherwerk liegt in den Stollen unweit des Limmernsees auf rund 1850 Metern Höhe. Sie ist mit einer Seilbahn erschlossen, aber auch mit einer unterirdischen Standseilbahn, die 200 Tonnen Material transportieren kann. Sie hat den Vorteil, dass sie wetterfest ist. Älteren Mitarbeitern ist noch der schneereiche Winter 1999 in Erinnerung, als selbst die Betriebsgebäude im Tierfehd auf rund 800 Metern über Meer von der Umwelt abgeschnitten waren. Die Mitarbeiter mussten extra eingeflogen werden. Turbinen und Maschinen sind in einer riesigen Kaverne im Inneren des Berges untergebracht, deren Ausmass an eine Kathedrale erinnert. Elektroarbeiten unter extremen Bedingungen auszuführen, heisst bei Linth-Limmern auch, oft unter Tage zu arbeiten. Manchmal ist es warm und trocken, die Akustik geradezu sakral, manchmal ist man draussen an der Arbeit, es ist stürmisch und man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. «Wir können natürlich ein Stück weit unsere Arbeiten dem Wetter anpassen. Wenn es draussen stürmt, können wir beispielsweise an Erschütterungsmessungen innerhalb der Staumauer arbeiten, ist das Wetter schön, nehmen wir uns die Sensoren an der Fischtreppe vor. Das hängt natürlich auch von den Prioritäten ab, aber wenn es möglich ist, passen wir uns den äusseren Umständen an», erklärt Steiner. Das Stollensystem des Kraftwerks Linth-Limmern summiert sich auf 56 Kilometer. 18 davon sind befahrbar. Auch sie werden mit entsprechenden Sensoren überwacht. Deshalb sagt Martin Steiner: «Die Arbeit ist sehr vielseitig, aber wir sind schon öfter unter Tage. Damit dürfen unsere Mitarbeiter keine Probleme haben.»